Dienstag, 21. Oktober 2014

Lernkultur



[Ich entschuldige mich im Voraus für die Länge dieses Artikels, aber mit einer Tasse Kaffee lässt er sich vielleicht trotzdem ganz gut lesen]

Die französischen Studierenden haben zu nehmen. Sie haben zu nehmen – egal was man ihnen gibt. Und sie nehmen es, ohne einen Mucks der Widerrede von sich zu geben. Lernen à la francaise, das bedeutet apprendre = à prendre = zu nehmen [Für all jene Linguisten unter euch : nein, ich habe keine Ahnung woher das Wort apprendre kommt, aber dass das Wort „prendre“, also „nehmen“, darin steckt, ist mir jetzt ein willkommener Zufall.]

Die französische und die deutsche Kultur sind sich sehr ähnlich. Das habe ich bisher so gesehen. Was die Lernkultur angeht, finde ich allerdings immer mehr gravierende Unterschiede. Im französischen Notensystem gibt es keine Noten von 1-6, sondern es gibt Punkte von 1-20, wobei 20 natürlich das Optimum ist. Und eben deshalb, weil 20 Punkte Perfektion ausdrücken, werden diese hier aus Prinzip nicht verteilt. Man kann nicht perfekt sein, lautet die Devise, und das allein ist ja auch eine tolle Idee, die man heutzutage nur noch viel zu selten hört und verteidigt (und besonders eine Idee, die ich mir öfters mal zu Herzen nehmen muss).
Diese Idee hat hier aber eindeutig ihr Ziel verfehlt. Das, was die französische Universitätsmaschinerie produziert, sind eingeschüchterte Studierende, denen – zumindest was deren Wissen angeht – jede Art von Selbstvertrauen fehlt. Gründe dafür gibt es zahlreiche:

1. ein völlig unlogisches Notensystem
16/20 Punkten, das ist hier das Non-Plus-Ultra, das ist „excellent“, wie eine unserer Professorinnen uns letztlich erklärte. Im gleichen Atemzug legte sie uns Nahe, uns schon einmal auf weitaus schlechtere Ergebnisse einzustellen: Die Professoren seien angewiesen, die Noten zu drücken, da es zu viele Studenten in Frankreich gäbe, hieß es. Und die Franzosen seien schon über eine 10, d.h. bestanden, unglaublich glücklich.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, das sind sie wirklich. Was in Deutschland als eine „4“ als wertlos gilt, ist in Frankreich der Hauptgewinn.

2. viel zu schwierige Kurse
Zu der Anweisung an die Dozenten, die Noten der Studierenden niedrig zu halten, gehört offensichtlich auch die Anweisung, übermäßig anspruchsvolle Kurse zu geben. In den meisten Kursen hier herrscht seitens der Franzosen blanke Überforderung. Die einzigen, die in den zahlreichen Seminaren zum Unterricht beitragen (können), sind wir. Erst dachte ich, vielleicht trauen sich die Franzosen durch unsere Beiträge nicht mehr, etwas zu sagen. Aber in Gesprächen fand ich heraus dass, würden wir nichts sagen, keiner im Seminar etwas sagen würden – außer natürlich dem Dozenten. Und damit kommen wir zum nächsten Punkt.

3. herablassende Dozenten
Der französische Dozent ist, auffallend häufig, eine Autoritätsperson, der keine Widerrede zu leisten ist, die Wissen diktiert und die keinen Austausch zwischen sich und den Studierenden erlaubt. Diese Hierarchie führt gelegentlich sogar dazu, dass Studierende beleidigt oder einfach respektlos behandelt werden. Diese schlucken das – natürlich.
Und weil sie dies alles schlucken, weil sie jeden Tag aufs Neue erfahren dass, egal wie viel sie tun, ihre Arbeit nie auch nur annähernd perfekt sein kann (auch 17, 18 oder 19/20 Punkten werden nie vergeben und existieren nur in der Theorie), weil ihre Fehler, wenn sie sich dann doch einmal trauen, etwas zu sagen, nicht hilfreich sondern herablassend korrigiert werden, haben sie auch keine Möglichkeit, sich zu verbessern. Nur wer Fehler macht kann lernen. Fehler sind hier aber unerwünscht - Perfektion ist dennoch unerreichbar.
Paradox ist das alles. Und undurchdacht und ineffektiv.

Samstag, 18. Oktober 2014

Besuch von Mama und Papa

Hallo ihr Lieben,
ich stehe grade kurz vor meinen Klausuren zur Semesterhälfte und lass deshalb auch nur ne kurze Nachricht da. Mama und Papa waren von Samstag bis Dienstag bei mir in Le Mans und wir hatten eine wunderbare Zeit.Wir waren unter anderem auf Entdeckungsreise durch Le Mans, haben uns den Circuit des 24 heures angeschaut (die Rennstrecke des berühmten 14 Stunden Rennens, oder zumindest einen Teil davon), haben lecker Französisch gegessen und getrunken und waren Sonntagmorgen auf dem schönen Markt, den ich ja auch mit Julia schon ein paar Mal besucht habe. Es war so schön ein bisschen Heimat hier zu haben:) Ach und ich hab Schnecken gegessen - war aber eigentlich ganz gut, die schmecken wie Pilze nur man muss ein kleines bisserl länger kauen:)
Ich drück euch, habt inen sehr guten Semesterstart, Schulstart nach den Herbstferien, eine wunderbare Sippentour (bei der ich gerne dabei gewesen wäre), oder einfach allgemein eine schöne Zeit:)
Bisous
Escargots (Schnecken)


Montag, 6. Oktober 2014

Entre ciel et terre... [Zwischen Himmel und Erde]


"[...] Quittant la baie et ses dangers,
Au pied des murs fortifiés,
La crainte nous avait quitté,
Nous étions en sécurité,
Nous voilà enfin sur le rocher,
Que les siècles ont immortalisé.

Il y a mille ans de cela,
L'archange commanda de sa voix,
Une chapelle que l'homme fera,
Car pour la grandeur des cieux,
Paix et sagesse vivent en ces lieux.

Le maçon ainsi commandé,
Façonna cette île déchirée
Par les vents et les marées
Pour devenir à tout jamais,
Un symbole et joyaux de beauté." (Mont St. Michel, entre ciel et terre)



[Mit dem Verlassen der Bucht und ihrer Gefahren hatte uns am Fuße der Festungsmauern auch die Angst verlassen, wir waren in Sicherheit, hier waren wir endlich auf dem Felsen, den die Jahrhunderte unsterblich gemacht haben.
Vor tausend Jahren befahl der Erzengel mit seiner Stimme eine Kapelle vom Menschen gebaut, und zu Ehren der Größe des Himmels leben nun Frieden und Weisheit an diesem Ort.
Der beauftragte Maurer gestaltete diese Insel zerrissen von Winden und Gezeiten, damit sie für alle Ewigkeit ein Symbol und Juwel der Schönheit werde.]


Wie aus einer anderen Welt erhebt sich eine Insel über das flache Land.Mont Saint Michel - eindeutig das schönste Fleckchen Erde auf der Welt. Es nimmt einen mit auf eine Reise durch enge, verwinkelte Gässchen, vorbei an versteckten, zugewachsenen Gärten. Ein Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit, inmitten von Touristenrummel und Kommerz.Die Mönche und Nonnen, die in weiß-beigen Gewändern mit Kapuzen vor einem der vielen Altare knien, scheinen aus einer anderen Welt zu sein. Im Weihrauchdunst fällt das Sonnenlicht in prallen, funkelnden Strahlen durch die großen Fenster...

 






Kurze Zeit später sind wir erneut am Strand, erneut in einer Festung - dieses Mal ist alles weniger surreal verzaubert und hat doch seine eigene Magie. In Saint-Malo erkunden wir die Festungsstadt direkt am Meer, spazieren über die jahrhundertealten Festungsmauern und genießen nicht nur die salzige Meeresluft, sondern auch bretonische Spezialitäten: Crêpes mit salziger Caramelsauce und Gaufres mit Maronencrème. Dabei träumen wir davon, auf einer der vielen kleinen Inselchen liegen, weitab vom Touristenrummel und mit Blick auf die Festung Saint-Malo.




Donnerstag, 2. Oktober 2014

Anekdote am Nachmittag

"Herzlich Willkommen bei der Botschaft der russischen Föderation in Schermany" tönt es liebevoll sächselnd aus meinem Handy.....
Ich habe ein Praktikumszusage bei meinem Traumpraktikum: EU-Russland Dialog. Und des Tüpfelchen auf dem i, die "cerise sur le gâteau": ich werde 6 Wochen in St.Petersburg und 6 Wochen in Tallinn, Estland, sein!!!
Da ich für den Aufenthalt in Russland ein Visum benötige und dazu noch einige Fragen habe, habe ich bei der Auskunftnummer der Botschaft angerufen. Solltet ihr auch mal machen. Die gute Frau ist wirklich ein Highlight, ein Stück deutscher Geschichte dass eine Sächsin die Übersetzungsarbeit für die russiche Botschaft übernimmt:) Im ersten Moment dachte ich, ich würde mit Frau Merkel höchstpersönlich sprechen:) Naja, das war jetzt auch schon mit meiner Anekdote. Ende.